Eine Beruhigung der politischen und wirtschaftlichen Lage auf der Welt ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: es kommen immer neue Konfliktherde hinzu. Der Überfall der radikal-islamischen Palästinensergruppe Hamas auf Israel hat den Nahostkonflikt neu entfacht. Derweil geht der zermürbende Krieg in der Ukraine weiter. In der größten Wirtschaftsmacht der Welt, den USA, streiten sich Republikaner und Demokraten heftiger den je über politische Ämter, Finanzen und die Unterstützung fremder Nationen. In Deutschland steht die Bundesregierung unterdessen weiter unter heftigem Druck und ringt um Rezepte gegen den wirtschaftlichen Abschwung. Wie bewerten die privaten Anleger die Lage und die Aussichten? Der Consorsbank Kundenseismograph fängt die Stimmung ein und hilft bei der Einordnung der eigenen Perspektive.
Die Erwartungen der Anleger haben sich zum Teil kräftig eingetrübt gegenüber dem Kundenseismograph aus dem dritten Quartal. 70 Prozent gehen in den kommenden zwölf Monaten von einem sinkenden Wirtschaftswachstum in Deutschland aus. Im Vorquartal taten dies nur 56 Prozent. Für die weltweite Entwicklung ist der Ausblick weniger schlecht. Zwar wächst auch hier die Gruppe der Pessimisten, die einen Rückgang des Wachstums sieht, aber nur von 46 auf 49 Prozent.
Entsprechend negativer fallen auch die Erwartungen an die Börsenentwicklung aus. Gingen im 3. Quartal noch 29 Prozent von fallenden Kursen im Dax aus in den kommenden Monaten, sind es in der Umfrage zum 4. Quartal 41 Prozent. Beim Blick auf die weltweiten Aktienmärkte indes verändert sich das Lager der Anleger, die sinkende Kurse sehen, kaum. Es legt lediglich um einen Prozentpunkt von 30 auf 31 Prozent zu.
Die größte Veränderung im Vergleich zum Vorquartal zeigt sich im Kundenseismograph bei der Frage nach den Erwartungen an die Arbeitslosigkeit. Hier kletterte der Anteil der Anleger, die von einer steigenden Zahl von Jobsuchenden ausgehen, von auf 37 auf 54 Prozent. Erstaunlich stabil zeigt sich angesichts dieser Prognose der Ausblick auf die Entwicklung des persönlichen Einkommens. Gingen im 3. Quartal 23 Prozent der Umfrageteilnehmer von einem Rückgang aus, waren es im 4. Quartal mit 22 Prozent fast genauso viele. Die Gruppe derjenigen, die eine Verbesserung der Einkommenssituation erwartet, wuchs sogar leicht von 19 auf 23 Prozent. Offenbar gehen entsprechend viele Umfrageteilnehmer davon aus, dass die zunehmende Arbeitslosigkeit nicht sie selber treffen wird.
In Sachen Inflation sind die Sorgen noch nicht verflogen. Auch wenn die aktuellen Messungen deutlich nach unten zeigen, stieg im Kundenseismograph der Anteil der Anleger, die einen Anstieg der Teuerung erwarten in den kommenden zwölf Monaten, gegenüber dem 3. Quartal von 69 auf 77 Prozent.
Angaben mit Rundungsdiffernzen.
Hinweis: Frühere Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung.
Die Stimmungsindikatoren zeigen die Differenz der Anzahl der Investoren mit positivem und negativem Ausblick bezogen auf die einzelnen abgefragten Bereiche. Ein positiver Indikatorwert signalisiert demnach, dass mehr Investoren von einer steigenden oder deutlich steigenden Kennzahl ausgehen als von einer sinkenden. Die Entwicklung ist bei allen Indikatoren mit Ausnahme des persönlichen Einkommens negativ im 4. Quartal. Der grundsätzliche Aufwärtstrend seit dem 4. Quartal 2022 ist definitiv gebrochen.
Ein steigender Wert bei Arbeitslosigkeit und Inflation ist im Gegenteil zu den anderen ermittelten Kennzahlen ein negatives Signal.
„Die Investoren sind mit Blick auf die deutsche Wirtschaftsentwicklung deutlich pessimistischer und rechnen darüber hinaus auch mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Da die Investoren die Entwicklung des DAX relativ zum internationalen Aktienmarkt deutlich weniger negativ einschätzen als die Wirtschaftsentwicklung, scheinen sie zu erwarten, dass insbesondere der Mittelstand betroffen sein wird.
Aus der Sicht eines Investors sollte internationale Diversifikation, sprich eine Streuung über verschiedene internationale Märkte, weiterhin im Fokus stehen.
Insgesamt zeigen diese Ergebnisse aber auch, dass die Weichen auf Zukunftssicherheit und Wachstum gestellt werden müssen. Hier geht es darum, die Anreize für die Wirtschaft und die Haushalte richtig zu gestalten“, sagt Professor Steffen Meyer, einer der Entwickler des Kundenseismographen.*
Wir zeigen Ihnen nicht nur, was die Anleger über die Märkte denken. Wir bieten auch einen Überblick, welche Aktien, Fonds und ETFs bei unseren Kunden im vergangenen Monat besonders gefragt waren – bei Einzelkäufen wie bei Sparplänen.
Der Kundenseismograph ist eine quartalsweise Blitzumfrage, für die nach dem Zufallsprinzip 5000 Kundinnen und Kunden der Consorsbank ausgewählt und eingeladen werden. Die Teilnahme ist anonym. Der Seismograph beinhaltet wiederkehrende Fragen zu den Erwartungen und Einschätzungen der Märkte und der Wirtschaft und wird ergänzt um aktuelle Trendthemen.
Das Format wurde von Prof. Dr. Steffen Meyer und Prof. Dr. Charline Uhr in Zusammenarbeit mit der Consorsbank entwickelt.
* Prof. Dr. Steffen Meyer ist Professor für Finanzen an der Universität von Aarhus in Dänemark und affiliiert mit dem Danish Finance Institute. In seiner Forschung untersucht er die Investitions- und Konsumentscheidungen von privaten und professionellen Anlegern auf Kapitalmärkten.
Prof. Dr. Charline Uhr ist tenure track Professor für Finanzen an der Universität von Aarhus in Dänemark und affiliiert mit dem Danish Finance Institute. Ihre Forschungsschwerpunkte untersuchen den Einfluss von Risiko und Unsicherheit sowie psychologischen Faktoren auf Anlageentscheidungen..
Prof. Uhr sagt: „Private Haushalte haben einen großen und nicht zu unterschätzenden Anteil am Marktgeschehen und der Wirtschaftsentwicklung. Dennoch werden in den Medien meist die Erwartungen von Experten aus Banken und Unternehmen diskutiert. Und das, obwohl sich Privatinvestoren für die Meinung anderer Privatinvestoren durchaus interessieren. Der Kundenseismograph bietet den Erwartungen von Privatinvestoren Raum und eine objektive Plattform. Von großem Wert werden dabei insbesondere die Veränderungen der Erwartungen über verschiedene Befragungswellen sein. Ganz wie bei einem klassischen Seismographen, können so Erschütterungen und Ängste frühzeitig aufgezeigt werden.“
Daten zum Kundenseismograph aus zurückliegenden Quartalen finden sich hier.